Diese Sache mit den offenen Türen

Schulabschluss, die große Freiheit wartet. Haha, guter Witz. Für mich war es damals eher die große Überforderung, hatte ich doch in der 11. Klasse bereits die erste Krise, als ich mich für Leistungskurse entscheiden musste und manche Fächer abwählen sollte. Großartig, dass so viele Türen offenstehen! Am liebsten hätte ich nur eine Tür gewählt, nämlich die, die in mein Kinderzimmer führte, und die hätte ich gern mit Nachdruck hinter mir zugeschlagen und mich in mein Bett verkrochen (ehrlich gesagt bin ich mir ziemlich sicher, dass sich das damals auch genauso zugetragen hat).

Der Lauf der Studienfächer

Notgedrungen entschied ich mich erst mal für ein Jahr Pause von der Bildung und ein bisschen Jobben und ein paar bunte Praktika, um herauszufinden, was ich wollte. Ich kann jedem nur empfehlen, sich diese Pause zwischen Abschluss und Studium oder Ausbildung zu nehmen. Wir verbringen genügend Zeit unseres Lebens in durchgetakteten Routinen und ein Studium beispielsweise bereitet einen zuweilen derart abstrakt auf das echte Berufsleben vor, dass diese Praxiseinblicke zuvor mir sehr viele Berührungsängste nahmen.

Trotzdem war ich bezüglich meiner Zukunftsplanung fast genauso schlau wie vorher. Ich entschied mich am Ende für eine kleine Studierendenstadt, weil da ein paar Freund:innen von mir wohnten, und einen Mehrfachs-Studiengang mit der Fächerkombination Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Der Grund meiner Auswahl bestand darin, dass dieser Studiengang so maximal allgemein klang, dass ich weiter in der Illusion leben konnte, mir möglichst viele Türen offenzuhalten. Eigentlich war damit meine Krise im dritten Semester vorprogrammiert. Es war nicht so, dass ich meine Studieninhalte gar nicht interessant fand. Ich habe mich nur in all dem nicht gefunden. All diese Türen, die mir offenstanden, durch die ich aber gar nicht gehen wollte, gaben mir eher ein Gefühl von Bedrückung als von Freiheit. Ich bin ja auch nur ein Mensch und kann dementsprechend auch nur durch eine Tür durch. Was soll ich also mit den anderen?! Wie lang soll ich mir sie denn noch offenhalten? Schluss damit.

Junges Mädchen, welches genervt ist, Verwirklichen
Junge Menschen sitzen zusammen und lernen gemeinsam, Verwirklichen

Ich wechselte von der Soziologie zur Sprechwissenschaft, einem kleinen Studiengang mit 20 Studis pro Jahrgang, auf den ich niemals gekommen wäre, wenn ich nicht bereits an der Uni studiert hätte, wo er angeboten wurde. Praktischerweise konnte ich mir trotzdem ein paar Leistungspunkte meines bisherigen Allrounderstudiums anrechnen lassen, was mir ein zusätzliches Semester sparte. Und mit Sprechwissenschaft war es anders. Hier lernte ich spielerisch und entdeckte meine Begeisterung für wissenschaftliches Arbeiten. Ich musste nicht lange überlegen, ob ich einen Master machen möchte. So bin ich nach Halle gekommen.

Tür an Tür mit deiner Zukunft

Und dann habe ich mich noch aus einer Laune heraus irgendwann mal auf eine Poetry-Slam-Bühne gestellt und ehe ich mich versah, fand ich zwischen all diesen verrückten Bühnenpersönlichkeiten einen Platz für mich sowie den besten Nebenjob der Welt neben dem Studium. Und ich lernte vor allem, dass ich in meinem Leben nicht auf den einen 40-Stunden-Job hinarbeiten muss, den ich dann bis zur Rente machen muss. Mit dem Wissen, dass man durch mehr als eine Tür gehen kann, fiel es mir auf einmal auch leichter, ein paar von den anderen Türen zu schließen.

Und da bin ich heute: studierte Sprechwissenschaftlerin, Poetry-Slammerin, Musikerin, Veranstalterin, Autorin und Content-Createrin beim Stadtmarketing Halle. Hätte man mich auf meinem Abiball gefragt, wie ich mir mein Leben in ein paar Jahren vorstellen würde dann hätte ich sicherlich falschgelegen. Denn es ist viel besser!

Junge Frau steht auf einer Bühne beim Poetry Slam mit Publikum in Halle (Saale), Verwirklichen
Junge Menschen haben auf Fahrrädern Spaß auf dem Campus der Uni Halle (Saale)

Das ist echt so eine Sache mit den offenen Türen und jede:r geht anders damit um. Manche können mit Bestimmtheit alle bis auf die eine schließen, andere haben wahrscheinlich schon ganz grüne und blaue Füße, weil sie auch noch jede Tür, die eigentlich schon zu sein sollte, noch einen Spalt offenhalten wollen. Bei mir war es so ein Zwischending. Zu viele Optionen machen mir Angst, aber straight den einen Weg zu gehen, war noch nie mein Ding. Aber wenn ich eines in den letzten Jahren begriffen habe, dann, dass ich das auch nicht muss. Und ich muss auch nicht fünf Jahre vorausplanen. Die Tür, durch die ich gehen will, ist meistens nicht kilometerweit entfernt, sondern direkt vor meiner Nase.

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