Gammelst du noch oder jobbst du schon?

[Meine 16-jährige Schwester denkt sich bei meinen Puns immer so *cringe*] 
Nach dem Abi denken sich viele erstmal: War is over, jetzt wird ausgeschlafen und gegessen.

Obwohl auch ich so dachte, war ich nach rund zwei Wochen Chillen bereit, mir meinen ersten „richtigen“ Job zu angeln. Als Schülerin habe ich viel Nachhilfe gegeben, und obwohl es mir gefallen hat, musste nach dem Schulabschluss erstmal Abstand zu Schule und allem, was dazu gehört, her. Außerdem wollte ich so wie wohl alle 18-Jährigen erst mal was Neues ausprobieren… als wären die Volljährigkeit und der Schulabschluss nicht neu genug…nun gut!

Es gibt so viele Jobs, die man nach dem Abi machen kann, und um euch dieses breite Spektrum akkurat vorzustellen, habe ich mir einen real-life Abiturienten und vier real-life Studierende ins Boot geholt und ein wenig mit Fragen gelöchert.

Nach dem Abi direkt Geld verdienen oder erstmal chillen?

Simone (23, Jurastudentin) wollte nicht sofort arbeiten, sondern eine Auszeit und reisen. „Wenn nicht nach dem Abi, wann dann?“ Deswegen ging es für sie nach dem Abi 8 Monate nach Australien.

Josefine (23, Jurastudentin) hat nach dem Abi überhaupt nicht ans Geldverdienen gedacht, weil ihre Eltern sie finanziell unterstützten. „Mithilfe des Buches „Klarheit“ brachte ich im wahrsten Sinne des Wortes Klarheit in meine Zukunftspläne und bewarb mich für ein Auslandsjahr als Au-Pair“. Als Au-Pair konnte sie arbeiten UND chillen. Wie viel man als Au-Pair verdient, hängt von der Einzelsituation ab. Man darf nicht vergessen, dass man als Au-Pair quasi Teil des Haushalts wird, für den man arbeitet, und sich in der Regel keine Gedanken über Miete und Lebensmittel machen muss. Im Schnitt kann man zwischen 200 und 600 € monatlich verdienen. Josefine betont aber, dass es wohl den Wenigsten beim Auslandsjahr ums Geldverdienen, sondern eher um die Erfahrung geht.

Flugzeug am Himmel
Mann arbeitet im Lager, Nebenjob, Verwirklichen

Marlene (22, Afrikanistikstudentin) wusste nicht direkt, was sie studieren will und entschied sich darum für ein „gap year“ als Flugbegleiterin bei Eurowings. Nach einer intensiven rund sechswöchigen Ausbildung war sie schon einsatzbereit. Marlene ging es bei dem „gap year“ auch nicht ums Geld, sondern vielmehr darum, sich zu beschäftigen, während sie überlegte, was sie studieren soll.

Tim (21, bald Student) wollte schon immer nach der Schulzeit auf Reisen gehen. Er wusste ohnehin noch nicht, was er mal beruflich machen will. Doch zunächst musste er dafür etwas Geld zusammenkratzen und arbeitete deswegen einige Monate als Lagerhelfer bei einem Autoersatzteil Lieferant.

Leah (21, Germanistikstudentin) hat bereits während des Abiturs Geld verdient. Deswegen war es ihr erstmal nicht so wichtig, Geld zu verdienen, vor allem, weil sie immer noch zu Hause gewohnt hat.

Nach 2 Wochen intensivem Chillen, war meine erste Idee, einen Ferienjob als Dialogerin auszuüben. Auf der Straße Fußgänger:innen anzuquatschen und für Organisationen wie Amnesty International und deren Projekte zu begeistern, klang aufregend.

Statt „Ich hab noch nie“ spielen wir „Ich war schon mal“

Dialoger:in. Für diesen Job sollte man aufgeschlossen, kommunikativ, positiv und ausdauerfähig sein. Meistens steht man lange auf der Stelle, wird ignoriert und wenn die Sonne gerade besonders heiß ist, kann es wirklich unlustig werden. Im Schnitt verdient man als Dialoger:in rund 2.000 €. Als Richtwert: ca. 920 € haben Studierende in Deutschland jeden Monat durchschnittlich zur Verfügung.

Ich wurde statt Dialogerin zuerst vertretende Kursleiterin für Zumba im Universitätssportzentrum. Es muss ja nicht Zumba sein. Wenn man einen Sport gut beherrscht und eine entsprechende Lizenz hat, ist das ein Job, bei dem man seine Fähigkeiten gut einsetzen kann. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht. Pro Stunde gab es 26 €. Gibt man pro Woche bloß einen einstündigen Kurs, ist das nicht besonders lukrativ. Man muss bedenken, dass man den Kurs ja erst vorbereiten muss, und das dauert mindestens doppelt so lang.

Zumba-Kurs, Sport, Bewegung
Frau sitzt am Laptop und schreibt,
Koch steht in einer Küche

Danach arbeitete ich ein Jahr lang als Pflegehilfskraft in der ambulanten Pflege. Ich bin zu pflegebedürftigen Menschen nach Hause gefahren und habe sie unter anderem bei der Körperpflege und im Haushalt unterstützt. Um auch im Bereich Krankenpflege (Verabreichen von Medikamenten, Wundversorgung, Spritzen usw.) arbeiten zu dürfen, habe ich einen 40-stündigen Qualifizierungslehrgang gemacht. Bei diesem Job ist es wichtig, dass man soziale Kompetenzen mitbringt, körperlich belastbar ist und ein Führerschein ist nie daneben. Ich habe fast ausschließlich samstags und sonntags gearbeitet und konnte mir meine Arbeitszeiten sehr flexibel einteilen.

Jetzt bin ich Texterin (obviously) und gebe wieder Nachhilfe. Als Texterin hat man viele Freiräume und kann seiner Kreativität freien Lauf lassen. Wichtig ist, dass man gerne schreibt. Nachhilfe zu geben, macht auch Spaß. Online zu unterrichten zwar weniger, aber dennoch kann ich den Job nur empfehlen. Ist doch toll, wenn man etwas versteht und jemandem anderen dabei helfen kann, es auch zu verstehen.

Simone hat in Australien als Kellnerin gearbeitet, aber das war nichts für sie. Sie „kann das einfach nicht“. Kellnern kann man beispielsweise in Restaurants, Bars oder auf Veranstaltungen. Der Job darf nicht unterschätzt werden. Man muss oft hektisch rumrennen, zahlreiche Bestellungen und hilflose Blicke aufmerksam aufnehmen und manchmal auch in der Küche bzw. hinter dem Tresen stehen. Leah wollte neben dem Studium einen Job, bei dem sie sich ihre Zeit selbst einteilen kann. Auch sie hat als Kellnerin in einer Kneipe und in einem Café gearbeitet. „Diese Jobs haben mir Spaß gemacht, da ich mir meine Zeiten eher spontan legen und vor allem selbst einteilen konnte.“ In der Kneipe arbeitete Leah nur einmal die Woche 4-7 Stunden bzw. je nachdem, wie viel los war. Sie bekam dort Mindestlohn plus Trinkgeld. Gleichzeitig arbeitete sie noch im Café. Dort arbeitete Leah mal zweimal im Monat, in einem anderen Monat dann 12 Mal. In den 12-Mal-Monaten gab’s immerhin 500 €. Während der Winterpause (November-März) gab‘s aber gar nichts.
Nach Australien musste das dort ausgegebene Geld wieder reingeholt werden. Deswegen arbeitete Simone wie viele andere bei ihr in der Umgebung ein paar Monate bei der Post als Brief- und Paketzustellerin. Für den Job spricht nach ihrer Ansicht, dass man sich seinen Arbeitstag mehr oder weniger selbst einteilen kann und Kontakt zu den Leuten aus der Umgebung hat. Hinzu kommt, dass sie ca. 1.500 € monatlich verdient hat.

Josefine war als Au-Pair immer mal wieder als Babysitterin tätig und hat in einem Verein für Kinder mit Behinderung und bei einer Freundin im Bereich Möbelrenovierung, Handarbeit und Gärtnerei gearbeitet. Mit Kindern zu arbeiten, ist schön, erfordert aber viel Geduld. Babysitten ist meiner Meinung nach ein guter Anfang, um sich an den Umgang mit Kindern heranzutasten und für sich herauszufinden, ob man es gerne macht und gut mit Kindern kann. Selbsterklärend ist auch, dass Möbelrenovierung, Handarbeit und Gärtnern nicht für jede:n ist.

Marlenes Job als Flugbegleiterin hat viele Reize, vor allem, wenn man etwas erleben, billig reisen, die Welt sehen und verschiedene Kulturen kennenlernen möchte. Im Schnitt hat sie anfangs 1.500 € verdient. Danach wurden es 2.100 €. Wie viel man tatsächlich verdient, hängt davon ab, wohin man fliegt und natürlich auch davon, was für einen Vertrag man hat. Seitdem sie studiert, arbeitet Marlene nur noch in Teilzeit. Dementsprechend gibt’s auch weniger Geld, zwischen 850 und 1100 € monatlich.

Frau nimmt Hand eines älteren Mannes
Junge Menschen stehen hinter Tresen in einem Café und bereiten Kaffee zu

Als Lagerhelfer bekam Tim Mindestlohn. Zu seinen Aufgaben gehörten das Ordnen von Autoteilen, Verpacken der Waren und Ein- und Aussortieren der Waren mit Flurfördermitteln. „Ich kann nur sagen, es war ein richtig mieser Job. Ich würde den nicht weiterempfehlen.“ Es handelt sich wohl um einen etwas langweiligen Job. In Australien war Tim als Küchenhilfe in einem Restaurant tätig. Dort bekam er umgerechnet rund 17 € die Stunde bezahlt. In Deutschland kann man dem Mindestlohn rechnen. Geeignete Eigenschaften sind Belastbarkeit und schnell und selbstständig arbeiten zu können. Das Tempo in der Küche und so ziemlich das ganze Restaurant-Ambiente sind voll Tims Ding. Darauf muss man halt stehen.

Gelegentlich als Komparsin oder Komparse in Filmen oder Serien mitzuwirken, kann auch eine lustige Nebenbeschäftigung sein. Die Grundgage pro Drehtag beträgt oft rund 90 €. Hinzu kommen gelegentlich noch Zuschläge für Überstunden und Nachtzuschläge gibt’s auch. Für stummes Rumsitzen werde ich jedenfalls gerne bezahlt.

Welche Erfahrungen sammelt man?

Josefine hat durch ihre diversen Jobs sehr viele unterschiedliche Menschen kennengelernt. Vor dem Auslandsjahr spielte sie mit den Gedanken, Lehrerin oder Fotografin zu werden. Sie merkte als Au-Pair jedoch: Es wird weder das eine noch das andere. Sie lernte Anwälte und Anwältinnen kennen und begann sich immer mehr für Jura zu interessieren. „Auch ist mir in diesem Jahr, in dem ich mit recht wenig Geld auskam, bewusst geworden, wie wichtig eine solide finanzielle Basis ist und dass dadurch vieles im Leben leichter wird.“

Als Flugbegleiterin lernte Marlene, mit schwierigen, gestressten und Menschen verschiedenster Kulturen umzugehen. Die untypischen Arbeitszeiten lehrten sie, immer und überall erreichbar zu sein und schnell reagieren zu können. Oh, und so früh am Morgen, wenn alle noch schlafen und es noch dunkel ist, zu funktionieren, will auch gelernt sein!

Ich hatte erst wenige Monate, bevor ich in der Pflege anfing, den Führerschein gemacht und kannte mich in Halle noch nicht so gut aus. Ich habe mithilfe des Jobs das Fahren geübt und total viel von der Stadt gesehen. Zudem habe ich durch den Qualifizierungslehrgang und die praktische Arbeit meinen Horizont erweitern können. Extrem viel habe ich von den Menschen gelernt, die ich gepflegt habe und im Morgengrauen zu funktionieren, musste ich auch lernen.

Tim hat die Arbeit im Restaurant so gut gefallen, dass er sich dazu entschieden hat, Koch zu werden. Er hat sich mithilfe seiner Zeit im Ausland und den diversen Jobs, die er dort ausgeübt hat, endlich entscheiden können, wo die Reise hingehen soll. Leah hat ihre Vorliebe für Jobs, bei denen man besonders flexibel ist, entdeckt. Die Arbeitszeiten individuell danach richten zu können, wie viel man gerade für die Uni machen muss, finde ich auch mega praktisch. We love spontane Schichtwechsel! Nach dem Abi erst mal eine Pause machen zu wollen, ist vollkommen verständlich und die Pause hat man sich auch verdient. Es bietet sich aber an, seine Zeit nach ein paar Wochen Ruhe effektiv zu nutzen, Neues zu lernen und ggf. Studiengang- oder Berufswünsche zu konkretisieren. Ob durch Mund-zu-Mund-Propaganda, schwarze Bretter oder einfach online, irgendwo werden immer Arbeitskräfte gesucht.

Lionsgate

In der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) findet man mehr Löwen als im halleschen Zoo. Das ist erst einmal ein gewagtes Statement, das geb ich zu. Aber es stimmt, ihr werdet schon sehen. König der Uni? Eigentlich müsste dieses Löwending doch langsam mal...

Die Qual der Wahl

Du weißt, dass du studieren willst, oder spielst mit dem Gedanken, hast aber absolut keine Ahnung, was es werden soll, oder bist mit der Auswahl der Unis überfordert? Dann steht dir eine riesige Auswahl an Optionen offen, wie du dir die Entscheidung einfacher machen...

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