Angekommen: Julia Raab

„Heute will ich hier nicht mehr weg“ – Julia Raab, geboren in Hessen, ist gleich zweimal nach Halle gezogen. Für die Figurenspielerin und Theaterpädagogin ist die Saalestadt zum Ort der eigenen künstlerischen Selbstverwirklichung geworden.

„Es war genau die richtige Entscheidung, 2013 wieder nach Halle zurückzukehren und hier die entscheidenden Schritte zur freischaffenden Figurenspielerin einzuleiten. Hier konnte ich mich neu erfinden und entdecken.“ Blickt Julia Raab, Jahrgang 1982, heute auf ihren Lebensweg, der sie quer durch Deutschland führte, sieht sie nicht nur die sich stetig einen Weg bahnende künstlerische Selbstverwirklichung, sondern auch ein hautnah erlebtes Zusammentreffen von Ost und West.

Gewagte Projekte

Heute hat sie sich in Halle durch gesellschaftlich relevante Projekte einen Namen gemacht. Julia wagt sich mit den Mitteln des Figurentheaters beispielsweise an das schwierige Thema „Depression“ heran. Oder nehmen wir ein Beispiel für eine lebendige Erinnerungskultur: Julia stellte Abschiedsbriefe von Frauen aus der Todeszelle vor, die alle zwischen 1943 und 1945 in der Justizvollzugsanstalt „Roter Ochse“ in Halle entstanden waren.

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2007 ging es nach Sachsen-Anhalt

Nach ihrem Abitur 2002 in Butzbach in Hessen liebäugelte Julia anfangs mit der Schauspielerei: „Aber das habe ich mir dann nicht zugetraut, die geschriebenen Bewerbungen habe ich nicht in den Briefkasten geworfen.“ Also ging es erst einmal zum Pädagogikstudium nach Gießen; die Leidenschaft, die Julia heute als Figurenspielerin von der Bühne aus transportiert, ließ sich aber schon damals nicht leugnen. Die Wege der Kreativen sind nicht immer gradlinig: Julia bewegte sich schon in Gießen eher in Theaterkreisen, folgerichtig ging es im Jahr 2003 zum Studium der Theaterpädagogik nach Ulm. Ein Praktikum am Grips-Theater in Berlin folgte, 2007 kam Julia schließlich als leitende Theaterpädagogin ans Theater Eisleben nach Sachsen-Anhalt.

Knackige erste Osterfahrungen

Die damals gesammelten Eindrücke sind Julia immer noch sehr präsent, sie werden die deutsch-deutsche Geschichte noch einige Jahrzehnte prägen. „Viele junge Menschen hatten damals Eisleben verlassen, das Theater kämpft noch heute mit den Folgen einer Sparpolitik, viele Menschen hatten noch das Versprechen der blühenden Landschaften im Ohr – und die Enttäuschungen in den Seelen“, so Julia, die von einer „knackigen ersten Osterfahrung“ spricht. In Halle schaute sie sich dann das renommierte Puppentheater an, schnell folgte der Umzug in die Saalestadt. Ungefilterte Erinnerungen: „In Halle fühlte ich plötzlich wieder Leben, obwohl es 2008 auch hier noch viele unsanierte Häuser gab.“ Julia betont die Lebensqualität, die mit einer Kunsthochschule, einer Universität oder mit zahlreichen Kulturangeboten zusammenhängt.

In Halle fand sie ihre Liebe

Und dann fand Julia in Halle auch noch die Liebe, also ihren Freund und den Vater ihrer heutigen Tochter. Eine Ost-West-Beziehung par ex­cel­lence. „Natürlich gibt es weiterhin Ost-und-West-Unterschiede, wir unterhalten uns oft darüber. Das geht von der eigenen sozialisierten Wahrnehmung verschiedenster Dinge bis zu den Frisuren der Älteren, die im Osten und Westen nun einmal einen spezifischen Flair haben. Fahre ich heute quer durch Sachsen-Anhalt, ist es manchmal noch so, als würde ich im Urlaub sein, weit weg von meiner Heimat. Es ist anders – was nicht schlecht ist“, so Julia.

Von Halle nach Stuttgart und zurück

Halle inspirierte, Halle machte Mut: Für Julia war bald klar, dass sie noch einmal alles auf eine Karte setzen wollte. Da war sie wieder, die Leidenschaft, die sich ihren Weg bahnte: „Ich wollte noch unbedingt Figurentheater studieren, das ging in Stuttgart.“ Also lebte Julia von 2009 bis 2013 wieder im Westen, regelmäßiges Pendeln nach Halle und zum Freund inklusive. „Wir hätten 2013 auch in Stuttgart bleiben können, ich hatte mehrere Jobs, ein sehr gutes Figurentheaternetzwerk und schon einige Bausteine für meine Selbstständigkeit aufgebaut.“ Doch warum führte die Lebensreise zurück nach Halle? Die Gründe sind vielfältig, Julia kannte schon den kulturellen Reichtum der Saalestadt, die Chance, in Halle als Figurenspielerin eine Einzigartigkeit zu entwickeln, war gegeben – und sie bewahrheitete sich. „Wir, also mein Freund und ich, arbeiten als Selbstständige viel daheim, wir brauchen eine große und bezahlbare Wohnung, Bekannte hatten uns damals eine vermittelt, die wir sogar noch eigenhändig ausbauen durften.“

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Ein eigenes Atelier

Heute hat die Künstlerin auch noch ein eigenes Atelier im Haus: „Da kann ich in Schlappen runter.“ Dort kann Julia Figuren und Puppen kreieren, dort kann sie ihren Maskenbau und ihre theaterpädagogischen Angebote spezialisieren und das Spiel mit Objekten, Materialien und performativen Elementen verfeinern. „Seit 2017 stellt die Stadt mehr Fördermittel für künstlerische Projekte zur Verfügung, Halle pulsiert und lebt, hier gibt es Leute, Initiativen, Ehrenamtliche, die die Sachen einfach anpacken – dabei ist es auch erst einmal egal, ob sie dafür Gelder bekommen oder nicht“, so Julia. So ist Halle zur Wahlheimat, so ist Halle zur Stadt der eigenen künstlerischen Selbstverwirklichung geworden. Abschließend formuliert es die Figurenspielerin so: „Heute will ich hier nicht mehr weg.“

juliaraab.de

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